Geo-Heft Wissen 08 : Chaos - Kreativität
CHAOS & KREATIVITÄT: Selbst organisiert sich die Welt - unvorhersagbar, aber doch gesetzmäßig - es offenbart sich uns eine Fülle von Natur. Wenn der Wind dem Meer rund um ein kolumbianisches Pfahldorf Wellenmuster aufprägt, wenn Berge, Bäume und Gesellschaften Strukturen ausbilden - stets folgen sie universalen Gesetzen, denen die Chaos-Forscher auf der Spur sind
KOSMOS: Ein ordentliches Chaos - im Spiel der kosmischen Kräfte wird aus Chaos Ordnung geboren. Alle Materie im Weltraum ist penibel in Hierarchien geordnet - vom Atomkern bis zur Galaxis. Eine Reise durch alle Größenordnungen des Alls enthüllt ein selbstähnliches Universum
MYTHEN: Das schöpferische Spiel - viele Religionen glauben, dass die Welt dem Chaos entwuchs. Bei uns jedoch standen die Kreativität des Ungeplanten, das göttliche Spiel, der wirbelnde Tanz bis vor kurzem im Geruch der Unvernunft
MAGAZIN: Expedition ins Reich der Fraktale - im Panoptikum der Chaos-Forschung sitzt des Apfel-Männchen der dynamischen Systeme neben dem Computer, der "glaubt", überlastet zu sein. Tornados wirbeln im Laborgefäß, und Bronchien enthüllen ihre "fraktale" Struktur, während vertonte Übergänge von Chaos zu Ordnung erklingen:
- Wettervorhersage: im Winde verwehen die Prognosen
- Chemie: das Ballett der Moleküle
- Medizin: hab Chaos im Herzen
- Hören: wenn die Tonleiter steigt und steigt
- Experimente: dem Chaos die gewünschte Richtung geben
- Computernetzwerke: wenn alle gleichzeitig den Vorteil wittern
BIOLOGIE: Der gezähmte Zufall - die unendliche Vielfalt des Lebens basiert auf der kreativen Wiederholung relativ simpler Grundmuster. Dieses "fraktale" Prinzip der Selbstähnlichkeit findet sich in den Zellen von Pflanzen wie im Gefieder von Vögeln
ÖKOLOGIE: Wenn Räuber Opfer ihrer Beute werden - Flamingos stehen, einer rosaroten Wolke gleich, in einem See und suchen ihre Futter. Auch hier gilt die Regel vom Fressen und Gefressenwerden, hinter der sich "deterministisches Chaos" verbirgt - ein Schlüssel zum Verständnis ökologischen Reichtums?
EVOLUTION: Am Anfang war der Hyperzyklus - der Nobelpreisträger Manfred Eugen postuliert: das Leben ist durch Selbstorganisation entstanden. Im Zentrum seiner Theorie steht der "Hyperzyklus", eine Gemeinschaft kooperierender Moleküle. Nun werden Teile seines Modells im Labor überprüft
ALLTÄGLICHES: Chaos regiert die Welt - fraktaler Schaum in der Badewanne, Hurrikane in der Kaffeetasse, Wirbel im Marmorkuchen und Zigarettenrauch: die Wissenschaft schickt sich an, die Regeln des Chaos zu entdecken. Und wer mag, kann diese Gesetze überall am Werke sehen
SOZIOLOGIE: Die unvernünftige Gesellschaft - ist eine Planung der Gesellschaft möglich? Schon die Vorstellung findet der Bielefelder Soziologe Niklas Luhmann naiv. Komplexe soziale Systeme wie die "Wirtschaft" oder die "Politik" reagieren auf die Umwelt, indem sie sich selbst beobachten. Mit diesen Thesen zur Selbstorganisation der Gesellschaft hat der "Forscher mit dem Zettelkästchen" wütende Reaktionen seiner Kollegen auf sich gezogen
uvm.